Mai/Juni 2014
Der Bauherr schafft durch seine Bautätigkeit eine Gefahrenquelle. Deshalb ist er verpflichtet, die allgemeinen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten einzuhalten. Durch die Beauftragung von Fachleuten und Fachfirmen kann er zwar einen Großteil seiner Haftung weitergeben. Ein Restrisiko bleibt jedoch beim Bauherren. Schließlich kann der Geschädigte meist nicht nur gegen das ausführende Unternehmen, sondern auch gegen den Bauherren direkt vorgehen. Den Bauherren können folgende Haftungen treffen: Er haftet den Bauarbeitern bei Verletzungen, wenn der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Bauarbeiter auf der Baustelle nicht gewährleistet ist. Bei gesetzesgemäßer Beauftragung eines Planungs- und Baustellenkoordinators kann die Haftung abgewälzt werden. Den Nachbarn gegenüber haftet der Bauherr unabhängig von einem Verschulden. Es reicht, wenn der Nachbar den Schadenseintritt nachweisen kann. Es empfiehlt sich daher eine Beweissicherung an Nachbarobjekten vor Baubeginn (zB Fotos, Gutachten eines Bausachverständigen etc). Dritten gegenüber (zB Passanten) haftet er für die Herstellung der Gefahrenquelle. Der Bauherr haftet selbstverständlich auch für Schäden, die aufgrund einer Baustelleneinfahrt entstehen. Entsprechendes gilt sogar dann, wenn der Bauherr eine öffentliche Verkehrsfläche für die Baustellenzufahrt nutzt. Die behördliche Bewilligung für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsfläche befreit ihn von der Haftung nicht. Kommt es beispielsweise durch die zu- und abfahrenden Baufahrzeuge zu Erschütterungen, die Risse an Bauwerken entlang dieser öffentlichen Verkehrsfläche hervorrufen, dann haftet der Bauherr für diese Schäden trotz behördlicher Bewilligung und der Erfüllung allfälliger Auflagen, die ihm die Behörde mit der Bewilligung aufgetragen hat. Den Baulärm dagegen, auch den Lärm der zu- und abfahrenden Baufahrzeuge, müssen die „Nachbarn“ ertragen. Dafür gibt es laut herrschender Rechtsprechung das sogenannte „Baulärmprivileg“, das dem Bauherrn zugutekommt.
Rechtsanwältin Dr. Renate Palma