Pflegeregress

Juli/August 2018

Es gibt nicht viele Themen, die sowohl die Politik als auch die Medien und die Stammtische über lange Zeit beschäftigen. Der Pflegeregress ist ein solches. In den verschiedensten Varianten wird das Thema besprochen. Abschaffung ja oder nein? Muss der Bund den Ländern Gelder ersetzen und wenn ja, wieviel? Für Gesprächsstoff ist gesorgt.


Fest steht, dass die Abschaffung des Pflegeregresses ab 1. Jänner 2018 nur solche Leistungen betrifft, die im Rahmen der Sozialhilfe und für Aufenthalte in stationären Pflegeeinrichtungen erbracht werden. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) schon Anfang 2018 klargestellt. In dieser Entscheidung ging es um einen „Selbstzahler“, also einen Heimbewohner, der seinen Heimplatz nicht aufgrund von Sozialleistungen erhielt, sondern aufgrund eines Privatvertrages, im Rahmen dessen er für die gesamten Kosten allein aufkommen musste. Bei derartigen Fällen haften die Erben nach wie vor. Es wird sich zeigen, ob der OGH diese Judikaturlinie bestätigen wird.


Für die Abschaffung des Pflegeregresses bei Sozialleistungen ist nun eine aktuelle Entscheidung des OGH interessant. Der OGH hat klargestellt, dass der Pflegeregress für soziale Leistungen auch rückwirkend gilt. Es sind also auch Leistungen betroffen, die schon vor 2018 erbracht wurden. Allfällige Verfahren sind einzustellen. Allfällige Klagen abzuweisen.


Offen bleibt aber noch, was zu geschehen hat, wenn sich ein Nachkomme vertraglich zum Ersatz verpflichtet hat, wenn also der Regress nicht mit einer Gesetzesbestimmung begründet wird, sondern mit einer Vereinbarung des Sozialhilfeerbringers und des Nachkommen. Dies ist noch unklar, zumal auch hier zwei durchaus vertretbare Rechtsansichten gegenüberstehen. Zum Einen: der Gesetzgeber wollte den Regress nicht mehr. Zum Anderen: der Nachkomme hat sich freiwillig zum Regress verpflichtet. Welche Ansicht sich durchsetzen wird, wird sich zeigen. Es bleibt spannend.


Rechtsanwältin Dr. Renate Palma

 
 
 
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