Halloween ist kein Freibrief
November/Dezember 2020
Halloween ist für heuer Geschichte. Und wieder – wenn auch durch „Corona“ eingeschränkt – haben Kinder an den Türen der Einheimischen geläutet und geschrien: „Süßes oder Saures!“ Nachdem sich dieser amerikanische Brauch mit irisch-keltischen Wurzeln bei uns schon eingebürgert hat, haben die meisten Haushalte schon Vorräte an Süßem für die Kinder bereitgestellt. Damit fällt die Wahl eben meist auf „Süßes“. Was aber, wenn man ein „Halloween-Muffel“ ist? Was, wenn man nichts Süßes daheim hat? Dann muss man wohl mit „Saurem“ rechnen. Doch ist es den Kindern erlaubt, „Saures zu geben“? Wie weit dürfen Streiche und mehr unter dem Deckmantel von Halloween gemacht werden?
Ob nun das „Saure“ schadenersatzrechtliche Folgen nach sich zieht, ist immer im Einzelfall zu prüfen. So werden Papierschnipsel in Briefkästen oder Klopapierschlangen am Zaun noch keinen Schadenersatz auslösen, weil hier kein Schade im schadenersatzrechtlichen Sinn vorliegt. Die Papierschnipsel und das Klopapier können ja einfach entfernt werden. Anders kann dies sein, wenn man rohe Eier wirft. Trifft man eine Fensterscheibe, so reicht dies nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes noch nicht für Schadenersatz aus, weil die Scheiben relativ einfach gereinigt werden können (sofern das Glas nicht springt oder bricht). Trifft man den Fensterrahmen oder die Hausfassade, kann dies schon anders sein. Bei der Reinigung könnte es ja unter Umständen dazu kommen, dass der Anstrich so beschädigt wird, dass der Fensterrahmen oder die eine Wand neu bemalt werden muss. Dies wird wohl Schadenersatz auslösen. Eine Generalregel gibt es also nicht. Jeder Fall ist für sich eigens zu bewerten.
Noch ein Detail am Rande: Wer glaubt, dass ein Kind unter 14 Jahren nicht zum Schadenersatz herangezogen werden kann, irrt. Zunächst hat sich ein Geschädigter an die mit der Obsorge betrauten Personen zu wenden, also meist an die Eltern, die womöglich ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Erhält er von diesen Personen keinen Ersatz, dann hat ihm das auch unter 14 Jahre alte Kind unter bestimmten Umständen selbst den Schaden (zumindest teilweise) zu ersetzen. Kinder ab 14 Jahren haften voll.
Es zeigt sich: Halloween ist kein Freibrief!
Rechtsanwältin Dr. Renate Palma