Die Urkundeneinheit beim Testament

März/April 2020

In der letzten Ausgabe habe ich über die Erfahrungen mit drei Jahren „neues Erbrecht“ berichtet. Gerade nach meinem Artikel hat der Oberste Gerichtshof (OGH) zum Thema „Formgültigkeit eines Testaments“ eine Weg weisende Entscheidung gefällt. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:


Ein Mann verfasste sein Testament auf einem Computer. Auf den ersten zwei Seiten war der Inhalt seines Testamentes ausgeführt. Da auf diesen zwei Seiten kein Platz mehr war, unterfertigten er und auch die drei Testamentszeugen mit den entsprechenden handschriftlichen Hinweisen auf der dritten Seite. Diese dritte Seite war ein loses Blatt, welches mit dem doppelseitigen anderen Blatt nicht verbunden war. Es gab nur zwei Hinweise, die auf eine Einheit der zwei Blätter hinwiesen. Zum einen war auf allen drei Seiten die Seitenanzahl angeführt mit „Seite 1 von 3“ usw. Zum anderen wurden die zwei Blätter in ein Kuvert gegeben.


Der OGH hat nun ausgesprochen, dass dieses Testament ungültig ist. Er hebt dabei hervor, dass ein Testament eine äußere Urkundeneinheit aufweisen muss. Zwei lose Blätter erfüllen das nicht, weil das erste Blatt leicht ausgetauscht werden kann. Daran ändert auch nichts, dass die zwei Blätter gemeinsam in einem Kuvert aufbewahrt werden. Eine äußere Einheit mehrere Blätter ist dann gegeben, wenn diese so miteinander verbunden sind, dass diese Verbindung nur mit einer Beschädigung oder Zerstörung der Urkunde gelöst werden kann. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Blätter gebunden, geklebt oder genäht werden. Eine Verbindung mit einer Büroklammer oder eine Aufbewahrung der losen Blätter ein einem verschlossenen Kuvert erfüllen diese Voraussetzungen nicht.



Sind die Blätter nicht verbunden, also ist eine äußere Urkundeneinheit nicht gegeben, dann muss zumindest eine innere Einheit gegeben sein. Der Vermerk auf die Seiten („Seite 1 von 3“ usw.) ist nicht ausreichend, weil die Blätter eben ausgetauscht werden könnten. Es wäre also ein Vermerk nötig, aus dem unzweifelhaft ableitbar ist, welche Blätter zusammen gehören. Da dies zweifellos schwierig zu erfüllen ist, sollte – um Diskussionen zu vermeiden – das Augenmerk auf die äußere Einheit gelegt werden.


Wie die Rechtsprechung zeigt, können also noch so kleine Details große ungewünschte Folgen haben. Damit verbleibt mir nur, den Schlusssatz meines letzten Artikels hier zu wiederholen: Die Errichtung eines Testaments hat so seine (Form-)Tücken. Eine juristische Beratung vor Erstellung eines Testamentes empfiehlt sich daher, wenn die Erben kein böses Erwachen haben sollen.


Rechtsanwältin Dr. Renate Palma

 
 
 
E-Mail
Anruf
Karte