März/April 2017
Der Frühling steht vor der Tür. Die Sonne lacht vom Himmel. Die Bäume und Sträucher schlagen aus. Auch die Bäume und Sträucher in Nachbars Garten stehen voll im Saft und wachsen – über die Grundgrenze herüber in den eigenen Garten. Und der liebe Nachbar hat kein Einsehen, dass einen das stören könnte. Was also tun?
Jeder Grundeigentümer kann diejenigen Äste und Wurzeln, die über die Grundgrenze auf seinen Grund hineinwachsen, entfernen. Dabei stehen einander aber zwei Interessen gegenüber, und zwar das Interesse des Grundeigentümers an der uneingeschränkten Benutzbarkeit seines Gartens, und das Interesse des Pflanzeneigentümers an der Unversehrtheit der Pflanze. Daher ist in § 422 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) bestimmt, dass der Grundeigentümer beim Rückschnitt fachgerecht und unter möglichster Schonung der Pflanze vorzugehen hat. Das Selbsthilferecht des Grundeigentümers ist aber nicht dadurch ausgeschlossen, wenn sich trotz schonender und fachgerechter Vorgehensweise die Verletzung oder sogar das Absterben der Pflanze nicht vermeiden lässt. Entscheidend ist, ob die fremde Pflanze durch ein unsachgemäßes Abschneiden der Äste und Wurzeln unverhältnismäßig beeinträchtigt wurde. Beim Rückschnitt ist also Augenmerk auf die Schonung der Pflanze zu richten.
Und wer trägt nun die Kosten? Das ABGB regelt, dass die Kosten für die Entfernung der beeinträchtigte Grundeigentümer selbst zu tragen hat, nicht der Pflanzeneigentümer. Eine Aufteilung dieser Kosten jeweils zur Hälfte ist nur dann vorgesehen, wenn durch die überstehenden Ästen und Wurzeln ein Schaden entstanden ist oder droht. Aber: die Kosten für die Behebung des Schadens selbst hat der Pflanzeneigentümer nicht zu tragen. Schließlich ist das Überwachsen einem Pflanzeneigentümer nicht zurechenbar, weil die Pflanzen nun einmal wachsen, wie es die Natur vorsieht – so der Oberste Gerichtshof.
Rechtsanwältin Dr. Renate Palma